Containment im Trend: Regelwerk fordert anspruchsvolle Schutzkonzepte für Pharma- und Chemieproduktion
01.03.2024 Produzieren Artikel

Containment im Trend: Regelwerk fordert anspruchsvolle Schutzkonzepte für Pharma- und Chemieproduktion

In der Pharma- und Chemieindustrie spielen Sicherheitsmaßnahmen eine entscheidende Rolle. Besonders in Anbetracht des Umgangs mit hochgefährlichen Substanzen und kleineren Batchgrößen sind flexible technische Lösungen gefragt. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist „Containment“. Dieser Artikel beleuchtet, was Containment bedeutet, welche Schutzziele es verfolgt und welche Vor- und Nachteile es im Vergleich zur Nutzung von persönlicher Schutzausrüstung gibt.

Zwei voll ausgestattete Mitarbeiter in schützender Arbeitskleidung in einem pharmazeutischen Labor Der Trend zu immer toxischeren Substanzen und Wirkstoffen und die gleichzeitig steigenden Anforderunge an den Schutz des Bedienpersonals sorgen dafür, dass der Bedarf nach Containment-Lösungen steigt.

Was ist Containment?

Der Begriff Containment beschreibt in der Pharma- und Chemieindustrie Sicherheitsmaßnahmen, die dazu dienen, Mitarbeiter und Produkte vor gefährlichen Substanzen zu schützen. Es handelt sich um Systeme und Technologien, die dazu beitragen, den Kontakt zwischen Menschen und toxischen Stoffen zu minimieren und die Verbreitung von Gefahrstoffen in der Umgebung zu verhindern.

Welche Schutzziele verfolgt der Einsatz von Containment-Lösungen?

Die Hauptziele von Containment sind der Schutz von Mitarbeitern und die Sicherstellung der Produktqualität. In der Chemieindustrie liegt der Fokus auf dem Arbeitsschutz, wobei gefährliche Stoffe durch hermetisch geschlossene Systeme in der Anlage gehalten oder in Filtern abgeschieden werden, um Exposition zu verhindern. In der Pharmaproduktion kommt noch hinzu, dass das Produkt selbst vor äußeren Einflüssen und Verunreinigungen geschützt werden muss.

Welche Vor- und Nachteile hat Containment gegenüber persönlicher Schutzausrüstung?

Die Verwendung von Containment-Systemen bietet einige Vorteile gegenüber der Nutzung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), wie Vollschutzanzügen und Atemschutzgeräten. Containment-Systeme trennen Mitarbeiter vom gefährlichen Produkt, wodurch die Gefahr einer Exposition stark reduziert wird. Dies ist besonders wichtig bei hochaktiven und toxischen Stoffen, bei denen die Grenzwerte in den Bereich von Nanogramm-Bruchteilen verschoben werden.

Obwohl Containment-Systeme zunächst als teuer wahrgenommen werden können, sparen sie langfristig Kosten, da teure Produktverluste vermieden werden und die Produktivität nicht beeinträchtigt wird. Auch die Sicherheit der Mitarbeiter und die Produktqualität werden verbessert, was das Risiko von Rückrufaktionen und Imageverlusten reduziert.

Was sagen der neue GMP Annex 1 und die REACH-Verordnung zu Containment?

Der GMP Annex 1, der die Herstellung steriler Arzneimittel in Europa regelt, wurde zwischen 2017 und 2022 überarbeitet und gilt seit August 2023. Die Neufassung betont die Bedeutung von Containment-Systemen: Der neue Annex 1 erhebt RABS (Restricted Access Barrier Systems) und Isolatoren zum Mittel der Wahl, um mikrobielle Kontaminationen durch den direkten menschlichen Eingriff zu minimieren. Unternehmen müssen nun sorgfältig prüfen, ob Containment in ihrer Kontaminationskontrollstrategie berücksichtigt werden sollte.

Die REACH-Verordnung (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) legt Unternehmen, die gefährliche Stoffe herstellen oder importieren, Registrierungspflichten auf und schärft den Blick für den Arbeitsschutz. Containment wird hier ebenfalls als eine bevorzugte technische Maßnahme für den Schutz von Mitarbeitern und Umwelt betrachtet.

Was versteht man unter OEB und OEL?

Das Kürzel OEB steht für „Occupational Exposure Band“ und ist ein Maß für die Toxizität einer Substanz. Je höher die OEB-Stufe, desto toxischer ist der betreffende Stoff, und desto strengere Sicherheitsmaßnahmen und Containment-Systeme sind erforderlich, um die Exposition der Mitarbeiter zu minimieren. OEB 1 und 2 beschreiben ein geringes toxisches Potential, während OEB 4, 5 und 6 für ein hohes toxisches Potential stehen.

OEL steht für „Occupational Exposure Limit“ und damit ein Arbeitsplatzgrenzwert, der insbesondere in der Chemie- und Pharmaindustrie, verwendet wird, um die zulässige Konzentration eines chemischen Stoffs oder einer Substanz in der Luft am Arbeitsplatz zu definieren. Der OEL-Wert gibt an, bei welcher Konzentration eines bestimmten Stoffs in der Luft am Arbeitsplatz keine akuten oder chronischen Gesundheitsschädigungen für die Beschäftigten zu erwarten sind. Diese Werte werden in der Regel in Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) oder Teilen pro Million (ppm) gemessen.

Wie unterscheiden sich OEB und OEL?

Der Unterschied zwischen OEB (Occupational Exposure Band) und OEL (Operator Exposure Limit) liegt in ihrer jeweiligen Funktion bei der Beurteilung der Toxizität und Exposition von Stoffen in Containment-Anwendungen. OEB ist eine Klassifizierung, die den Toxizitätsgrad einer Substanz auf einer Containmentskala beschreibt. Es bewertet die Toxizität des reinen Stoffs unabhängig von der Umgebung oder Exposition. Der OEL basiert auf einer spezifischen Messung der Exposition in einem bestimmten Arbeitsumfeld. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Ein OEB-5 entspricht einer Belastung von weniger als 1 µg/m3. Das bedeutet, dass in der Luft am Arbeitsplatz eine Konzentration von weniger als 1 Mikrogramm des Stoffs pro Kubikmeter vorhanden sein sollte, um die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen.

Kostenoptimale Containment-Lösungen erfordern eine individuelle Betrachtung

Bei der Auswahl einer optimalen Containment-Lösung ist es wichtig, beide Parameter – OEB und OEL – zu berücksichtigen. Messungen des OEL allein können dazu führen, dass Anlagen überdimensioniert werden und die Investitionskosten steigen. Ein umfassendes Prozessverständnis ist daher unerlässlich, um eine effiziente und sichere Containment-Lösung zu entwickeln, die den Anforderungen von OEB und OEL gerecht wird.

Fazit:

Der Trend zu immer toxischeren Substanzen und Wirkststoffen, wie sie nicht nur in der Pharmaindustrie, sondern auch in neuen Bereichen wie der Batteriefertigung eingesetzt werden und die gleichzeitig steigenden Anforderunge an den Schutz des Bedienpersonals sorgen dafür, dass der Bedarf nach Containment-Lösungen steigt. Auf der POWTECH 2023 spielte das Thema deshalb eine große Rolle: Zahlreiche Unternehmen zeigten entsprechende Lösungen, die wir in einem separaten Artikel vorstellen. Dabei wurde deutlich: Containment ist nicht nur ein Trend, sondern eine unverzichtbare Maßnahme in einer zunehmend anspruchsvollen und regulierten Industrie.

Autor

Armin Scheuermann

Armin Scheuermann

Chemieingenieur und freier Fachjournalist